"Galla-Tage" für den Fürsten
Seit dem 17. Jahrhundert wurden auch in Salzburg zu besonderen Anlässen - hohen Besuchen oder Jubiläen wie Amtseinführung, Geburtstag, Namenstag und Wahltag des jeweiligen Fürsterzbischofs - abendliche Huldigungskompositionen, so genannte Serenate, aufgeführt.
Diese höfische Form des musikalischen Theaters - auch Azione teatrale, Festa teatrale bzw. Dramma per musica genannt - fußte auf historischen oder mythologischen Stoffen und war eine Herrscher-Huldigung in allegorischem Gewand.
Ab der Jahrhundertmitte wurden die feierlichen, aber eher statischen Huldigungskompositionen handlungsreicher. Die Serenata näherte sich immer mehr der Oper an.
Mit dem Aufstieg des Bürgertums, das sich gegen barockes Pathos, höfisches Repräsentationsbedürfnis und gelehrte Künstlichkeit wandte, verschwand die Gattung schließlich ganz.

(Joseph Vivien, Kurfürst Karl Albrecht von Bayern, nachmaliger Kaiser Karl VII, gegen 1722; München, Bayerische Staatsgemäldesammlungen)
Bei Fürsterzbischof Franz Anton Harrach ballten sich Geburtstag (2. Oktober), Namenstag (4. Oktober) und Wahltag (19. Oktober) in einem Monat.
Deshalb gab es im Oktober gleich drei sogenannte Gala-Tage, an denen die Geladenen in Gala-Kleidung bei Hof zu erscheinen hatten.
Im Oktober 1719 befanden sich unter den hohen Fest-Gästen Karl Albrecht von Bayern (1697-1745, der spätere Kaiser Karl VII.), und dessen Bruder Ferdinand.
Antonio Caldaras Schäferspiel Dafne fand vermutlich noch im Carabinierisaal statt, der ein Jahrhundert lang als (mobiles) Theater gedient hatte.
Während des Spiels wurden den Zuschauern in silbernen Bechern Wein und Bier kredenzt.
Ein Jahr später ging die Festtagsoper zum Namenstag des Fürsterzbischofs schon einen Stock höher über die Bühne.
Mit dem drama per musica L’inganno tradito dall’amore wurde zugleich das neue Hoftheater im dritten Obergeschoß der Residenz feierlich eröffnet.
Das Bühnenbild stammte von Antonio Beduzzi (1675-1735), wie im Textbuch vermerkt ist: „Il tutto rara Invenzione del Sig. Antonio Beduzzi, Architetto, ed Ingegnero Teatrale. Dal quale è pur anche stato fabbricato il Teatro.“
Antonio Caldara (1670-1736)
Dramma per musica, da rappresentarsi nel Teatro di corte per ordine di S.A.R. Monsignor Francesco Antonio, Arcivescovo e Prencipe di Salisburgo
Von 1716 bis 1727 wurden 12 Opern, zwei Serenaten (Festmusiken mit Gesang und szenischer Aktion) sowie acht Oratorien Caldaras am fürsterzbischöflichen Hof dargeboten.
Fürsterzbischof Harrach kannte Antonio Caldara spätestens seit 1712, als dieser auf der Rückreise von Wien nach Rom Station in Salzburg machte und sich dem Fürsten mit der vor Ort entstandenen Kantate Quegl‘occhi vezzosi empfahl.
Verbürgt ist eine Begegnung im Herbst 1718 während Harrachs Aufenthalt in Wien. In seinem Tagebuch erzählt der Fürsterzbischof von Audienzen am kaiserlichen Hof und einer Jagd mit dem Kaiser (Karl VI., 1685-1740), der ihn auch zur Premiere von Caldaras Oper Ifigenia in Aulide einlud.
Harrach selbst empfing ebenfalls Besuche, unter anderem „H. Caldara Vice-Kapellmeister“, wie er in seinem Reisetagebuch vermerkte.
Das erste Werk Caldaras für Salzburg, Il Giubilo della Salza, wurde zum Namenstag des Fürsterzbischofs am 4. Oktober 1716 aufgeführt: „nel giorno del felicissimo Nome di Sua Alt.[ezza] Reverendiss. Monsign.[or] Francesco Antonio Principe di Harrach, Arcivescovo e Principe di Salisburgo …“
Und so sollte es sich bis zum Ableben Harrachs fortsetzen: Zu jedem Namenstag des Fürsten stellte sich Caldara mit einer Huldigungs-Komposition ein.
In jener aus dem Jahr 1722, Camaide (Libretto: Domenico Lalli), wird dem Gefeierten zum Schluß in einer Licenza zugejubelt: „Der so glorreiche Tag mit tausend Jubelg’schrey / FRANCISCI großer Nam anheut geprysen sey.“