Opera in Musica da rappresentarsi in Corte
Zu Ehren des Wahltags von Fürsterzbischof Sigismund Graf Schrattenbach wurde am 6. April 1766 La Nitteti von Hoforganist Anton Cajetan Adlgasser (1729-1777) - den Schrattenbach zur Perfektionierung seiner musikalischen Ausbildung nach Italien geschickt hatte - aufgeführt.

Benediktinerpater Beda Hübner OSB, ein eifriger Besucher des Hoftheaters, war von La Nitteti überaus angetan. Er meinte, diese Oper hätte an jedwedem kaiserlichen Hof in Szene gesetzt werden können.
Die Opera seria war mit überlangen virtuosen Koloraturen gespickt (Da-Capo-Arien), um den Sängerinnen und Sängern Gelegenheit zur freien Verzierung ihrer Gesangspartien zu geben.
Die Aufführungen konnten Stunden dauern. Das führte mancherorts zu Ermüdungserscheinungen.
Wie P. Beda Hübner berichtet, entstand im Auditorium des Hoftheaters Aufregung, als die Leinwand einer Szene zu brennen begann und die Aufführung unterbrochen werden musste, war doch der „Kerl“, der über die „Liechter und Leuchter“ wachen sollte, eingeschlafen.
Der Text von La Nitteti stammte von Pietro Metastasio.
Pietro Metastasio (1698-1782), italienischer Dramatiker und Librettist, wirkte ab 1730 am Kaiserhof in Wien.
Er war die bestimmende Persönlichkeit der Glanz-und Spätzeit der Opera seria (ernste italienische Oper, auch Dramma per musica genannt), die deshalb als „Metastasianische Epoche“ bezeichnet wird.
Neben der „Gemüths-Ergötzung“ stand die Huldigung des Herrschers sowie das Lob aristokratischer Tugenden und Lebensart im Mittelpunkt, in klassisch-mythologische Stoffe und historische Heldengeschichten verpackt.
In drei Akten wechselten Rezitative (eine Art Sprechgesang, meist mit Cembalo-Begleitung) und Arien, die die Stimmung (Affekte) der Bühnenfiguren widerspiegeln sollten und den Sängern Gelegenheit gaben, ihre Meisterschaft zur Schau zu stellen.
Auch die Salzburger Hofkomponisten griffen bevorzugt auf Metastasios außerordentlich erfolgreiche und vielfach vertonte Libretti zurück - wie W. A. Mozart (Il sogno di Scipione KV 126, Il re pastore KV 208), Michael Haydn, Luigi Gatti oder eben Anton Cajetan Adlgasser.
Ah! Undankbarer! Du täuscht mich!
Michael Haydn - seit August 1763 in Salzburg - trat das erste Mal anlässlich der Feier des Weihetages von Fürsterzbischof Schrattenbach am 23. Dezember 1764 auf musikdramatischem Gebiet in Erscheinung.

Die sogenannte Einlagearie Ah! ingrato m’inganni („Ah! Undankbarer! Du täuscht mich“) war für das mehrmals auf dem Hoftheater gespielte Dramma per musica in drei Akten Adriano in Siria bestimmt.
Das Libretto stammte von Pietro Metastasio. Der Komponist der Oper ist nicht bekannt.
Mein Herzerl ist klein...
Eine weiteres Huldigungswerk Haydns für Fürsterzbischof Schrattenbach zeigt die große Bandbreite der in der Residenz aufgeführten Musik und die Gewandtheit der Komponisten.
Am 9. Mai 1768 kam ein Singspiel zur Feier des Jahrestags der Einsetzung als Fürsterzbischof in der Residenz zur Aufführung: Die Hochzeit auf der Alm MH 107, ein „dramatisches Schäfergedicht in 2 Aufzügen“ von Pater Florian Reichssiegel (1735-1793), das die Themen Jagd, Hirtenleben und Gattentreue umspielt.
Es ist in oberdeutscher Sprache gehalten, die Arien sind volkstümlich, das Ambiente ländlich: „Das Theater stellet eine Almhütte vor. Auf einer Seite zeiget sich ein Wasserfall, auf der anderen das höhere Felsengebirg.“
Die Premiere fand einige Tage zuvor statt, am 27. April, in der Großen Aula der Universität, im Anschluss an Reichssiegels fünfaktiges Trauerspiel „Pietas coniugalis in Sigismundo et Maria“.

Für die Hoftheater-Aufführung wurde das universitäre Schuldrama adaptiert.
So wurde die lateinische Rahmenhandlung gestrichen, dafür eine „Untertänigste Danksagung der Sendinnen für die Höchste Gnade, dass sie auf Gnädigsten Befehl dieses Almgedicht auf dem Hochfürstlichen Hoftheater haben aufzuführen gehabt“ hinzugefügt.
Diesem Dialog der Personen des Singspiels darüber, wie man denn dem „Hochwürdigst-Gnädigsten und besten Landesfürsten“ danken könnte, folgt ein Chorus mit einer eigens komponierten Licenza*, die mit Salzburg, 6. Mai 1768 datiert ist:
„Mein Herzerl ist klein: doch denket es gut, für Siegmund allein, treibt selbes das Blut.
Die Herzen gebt her und singet mir nach: leb gnädigster Herr – Fürst von Schrattenbach.
O Himmel erhalte für Salzburg den Mann, den Vater der Jugend, den Nährer der Tugend, der unsere Wohlfahrt bestätigen kann.
Fürsterzbischof Schrattenbach, der sich gerne als gütiger Landesvater sah, dürfte die Verherrlichung als guter Schäfer seiner Herde ebenso gefallen haben wie die Jagdhunde auf der Bühne, die seiner Hundeliebe Tribut zollen sollten.
* Herrscher-Huldigung, der Fürst, der sich im Publikum befand, wurde zum Schluss der Aufführung von den Sänger:innen gerühmt.

(München, Bayerische Staatsbibliothek Mus.ms. 3111, urn:nbn:de:bvb:12-bsb00085271-1)