An den Höfen weit verbreitet und auch in Salzburg sehr beliebt waren Divertimenti, die ihre Bestimmung schon in der Gattungsbezeichnung (Divertimento, ital.: Vergnügen) zum Ausdruck brachten: als Prototyp der gesellschaftsgebundenen Instrumentalmusik des 18. Jahrhunderts für gute Unterhaltung des höfischen Publikums zu sorgen.
Das Divertimento bildete zudem eine Vorform des Streichquartetts. Joseph Haydn, Michael Haydns älterer Bruder, bezeichnet seine frühen Quartette noch als Divertimenti.
Wenn der Fürst die erste Geige spielt ...
„Übrigens giebt der Hof wöchentlich dreymal eine Versammlung zum Spiel oder Konzert, und an Fest=oder andern feyerlichen Tagen große Tafel. Bey den Konzerten spielt der Fürst, als Liebhaber der Musik, die Geige“, notierte der deutsche Schriftsteller Johann Christian Friedrich Schulz in seinen Reiseaufzeichnungen (Reise eines Liefländers…, 1795) und bestätigt damit ebenfalls, dass sich Fürsterzbischof Colloredo gerne zu seinen Hofmusikern an das Notenpult setzte. Colloredo animierte auch die Mitglieder des Hofstaates zum Spiel.
Dieser Liebe zum Geigenspiel ist es zu danken, dass zum Namenstag des Fürsterzbischofs drei Zyklen zu je sechs Duos für Violine und Viola entstanden.
Als Michael Haydn (1737-1806) 1783 seine Duo-Sonaten wegen einer Erkrankung nicht vollenden konnte, sprang W. A. Mozart (1756-1791) ein, der sich zu dieser Zeit in Salzburg aufhielt und Haydn jeden Tag besuchte.
Mozart schrieb die fehlenden zwei Duos (KV 423, KV 424). Sie wurden unter Michael Haydns Namen eingereicht.
Die sechs Duo-Sonaten für Violine und Viola sind kostbare Beispiele dieser seltenen Gattung. Sehr virtuos, mit hohem spieltechnischem Anspruch, mit köstlichen kontrapunktischen Kunststücken und üppigen Doppelgriffen, die die Illusion erwecken, es spielten mehr als zwei Musiker.
Die Duos dokumentieren aber auch das rege künstlerische Interesse, das Mozart Michael Haydn entgegenbrachte und sind zugleich ein rührendes Beispiel für die menschliche Nähe zwischen den beiden. Haydns Freunde berichten darüber in der von ihnen verfassten Biographie.
Michael Haydn sollte auf höheren Befehl [im Sommer 1783] Duetten für Violin und Alt (Viola) schreiben. Er konnte sie aber zur bestimmten Zeit nicht liefern, weil ihn eine heftige Krankheit befallen hatte, die ihn … zu aller Arbeit unfähig machte; man drohte ihn über den Aufschub mit Einbeziehung seiner Besoldung … Mozart, der ihn täglich besuchte, erfuhr dieses, setzte sich nieder, und schrieb für den betrübten Freund mit so unausgesetzter Rastlosigkeit, dass die Duetten in wenigen Tagen vollendet und unter Michael Haydns Namen eingereicht waren. Noch oft ergötzten wir uns mit diesem vortrefflich geratenen Liebeswerke, das auch unser Meister als ein Heiligtum im Original aufbewahrte, und darin immer Mozarts unsterbliches Andenken ehrte.
Colloredo spielte also, ohne es zu wissen, mit den Duos von Michael Haydn auch zwei Werke W. A. Mozarts, der zwei Jahre zuvor den Hofdienst wütend quittiert hatte, den Fürsterzbischof einen „Erzlümmel“ schimpfte und dem Vater in einem Brief mitteilte: „Ich will nichts mehr von Salzburg wissen, ich hasse den Erzbischof bis zur Raserei“.
Einblick in einen gemeinsamen musikalischen Abend in der Residenz einige Jahre zuvor gewährt das Reisejournal von Erzherzog Maximilian Franz, der sich im April 1775 in Salzburg aufhielt.
Am 23. April wurde Mozarts Serenata Il re pastore KV 208 aufgeführt, tags darauf beeindruckte er seine hohen Zuhörerinnen und Zuhörer mit Improvisationen am Klavier.
Musikalisch aktiv waren auch der Erzherzog und Fürsterzbischof Colloredo.
Sie spielten mit Johann Wenzel Graf Ugarte und Johannes Graf Johann Hardegg - sie gehörten dem Gefolge des Erzherzogs an - sowie Johann Rudolf Graf Czernin von Chudenitz und seine Schwester, Antonie Gräfin Lützow, Neffe und Nichte des Fürsterzbischofs.
Montag den 24t … Abends wurde …wie die vorhergehenden Tage die Unterhaltung der Musique vorgewählt, dergestalten jedoch daß diesen Abend die Gräfin Lüzau, eine Nichte des Erzbischofs, nebst einer anderen Dame sich auf dem Flügel hören liessen, und nebst dem Erzherzogn, von dem Erzbischofen, denen Gr. Ugarte, Czernin, und Hardegg accopagniret wurden. Zu gleich liesse sich am Ende der Musique der berühmte junge Mozart auf dem Flügel hören, und spielte verschiedenes aus dem Kopf mit so vieler Kunst alsß Annehmlichkeit. Mit dem ginge der Tag zu Ende, und wegen der bevorstehenden Abreise des Erzherzogens jedermann zeitlich zur Ruhe.