Carabinierisaal, Residenz zu Salzburg

Ort der ersten Opern-Aufführung nördlich der Alpen 1614

Im Carabinierisaal – einem monumentalen Repräsentationsraum – war nicht nur die Leibgarde des Fürsterzbischofs  positioniert, hier fanden auch Feste und Bälle sowie Musik-und Theateraufführungen statt. In diesem Zusammenhang ist er ein Ort historischer Premieren.

Der Orfeo, der hier am 10. Februar 1614 in Szene gesetzt wurde, ging als erste Opernaufführung nördlich der Alpen in die Musikgeschichte ein.

Salzburg war damit die erste Stadt außerhalb Italiens, in der die neue Gattung „Oper“ Einzug hielt.


Heinrich Friedrich Füger, Orpheus holt Eurydike aus der Unterwelt

… ein schönes Pastoral, Orfeo genannt – Salzburg als musikalischer Vorreiter

„… Nach solchem  [i.e. Fasnachtaufzüge-und spiele] ist zu Hof ein schönes Pastoral, Orfeo genannt, gehalten worden,  welchem die Herrn Cauallieri und das adeliche Frauenzimmer beygewohnt haben, ist musicalisch agirt worden, lustig zu sehen und hören gewesen“, schrieb Johannes Stainhauser, fürsterzbischöflicher Sekretär und Historiograph, im Februar 1614. Wohl nicht ahnend, dass er damit eine musikhistorische Sensation notierte.


Fürsterzbischof Marcus Sitticus, Detail des Grabdenkmals im Salzburger Dom, um 1620

Johannes Stainhauser hat, wie damals nicht unüblich, den Namen des Komponisten nicht überliefert. Was spricht dafür, dass es sich bei dieser historischen Opernaufführung um Monteverdis L’Orfeo gehandelt hat?

Unter anderem einmal die enge persönliche Beziehung von Fürsterzbischof Marcus Sitticus (reg. 1612-1619) zum Mantuaner Hof der Gonzaga, an dem ein paar Jahre zuvor die Uraufführung stattfand – die Geburtsstunde der modernen Oper!

Und dann die Anwesenheit von Mantuaner Hofmusikern in Salzburg, darunter Francesco Rasi, dem ersten Orfeo der Mantuaner Uraufführung, sowie Francesco Campagnolo, der zweite bedeutende Tenor dieser Zeit und ein Monteverdi-Schüler.

Rasi und Campagnolo nahmen in der Vermittlung der neuen italienischen Musik eine Schlüsselposition ein. Sie spielten eine zentrale Rolle in der Frühzeit der Oper und der Musik Monteverdis.

Während der Regierungszeit von Fürsterzbischof Marcus Sitticus gab es nachweislich mehrere Orfeo-Aufführungen, zuletzt am 16. Juli 1619 anlässlich des Besuchs von Erzherzog Ferdinand (1578-1637), nachmals Kaiser Ferdinand II., der sich auf der Durchreise zur Kaiserwahl nach Frankfurt befand.


Francesco Rasi: Sänger, Dichter, Komponist und – Mörder

Francesco Rasi (1574-1621) war einer der bedeutendsten Sänger des frühen 17. Jahrhunderts, Komponist, Lautenist und Dichter, der in enger Beziehung zu Claudio Monteverdi stand.

Er war aber auch eine der schillerndsten Persönlichkeiten seiner Zeit. Er ermordete in der väterlichen Villa in Arrezo den Gutsverwalter, in dessen schöne, junge Frau er sich verliebt hatte, und versuchte auch, seine Stiefmutter zu töten. Rasi wurde zum Tode verurteilt, entging der Vollstreckung des Todesurteils aber, indem er flüchtete. An der Seite von Vincenzo Gonzaga reiste er durch halb Europa.


,,[… ] occorendomi al presente di mandare aleuni huomini pratichi di scena, e di machine allievi de! nostro S.r Prefetto all‘ Ill. Prencipe et Arcivescovo di Salspurgh [… ]“. Brief Rasis an Alessandro Striggio jun., 6. März 1613 © Mantova, Archivio di Stato, I-MAa Archivio Gonzaga

Vincenzo Gonzaga besuchte Fürsterzbischof Marcus Sitticus im Herbst 1612. Er befand sich auf der Rückreise von Prag, wo er dem neugewählten Kaiser Matthias seine Aufwartung gemacht hatte.

In Vincenzos Entourage befand sich auch Francesco Rasi, der die Heimreise wegen einer Erkrankung allerdings erst später antreten konnte.

Im Dezember 1612 hielt er sich jedenfalls auch in Salzburg auf und widmete Marcus Sitticus mit Musiche da camera e chiesa eine Sammlung mit elf geistlichen und weltlichen Werken im stile nuovo, die zu den frühesten außerhalb von Italien überlieferten Beispielen monodischer Musik (=instrumental begleiteter Solo-Gesang) zählen. 

Francesco Rasi vermittelte auch die Bühnentechnik in der Salzburger Residenz. Er bat Alessandro Striggio jun. (1573-1630), den Librettisten des Orfeo, einige Bühnenpraktiker für Szene und Theatermaschinen nach Salzburg zu schicken, Schüler von Antonio Maria Viani, Hofarchitekt der Gonzagas, Erbauer des Theaters in Mantua und Bühnenbilder Monteverdis.

So entstand ein Hoftheater nach italienischem Vorbild, ein mobiler Theaterraum mit einer zentral ausgerichteten modernen Verwandlungsbühne, die einen raschen Szenenwechsel ermöglichte und die auch in anderen Räumen der Residenz, vor allem im Rittersaal, genutzt werden konnte.

 

Maestro Gianluca Capuano, musikalischer Leiter

Pfingsten 2023 in Salzburg – „Orfeo“ allerorten!

Wir freuen uns sehr, dass Mitglieder des Ensembles, das Monteverdis Orfeo bei den Pfingstfestspielen 2023 in Salzburg präsentierte, jenem Ort einen Besuch abstatteten, an dem vor 409 Jahren mit der Aufführung des „schönen Pastoral(s), Orfeo genannt“ Musikgeschichte geschrieben wurde.

Maestro Gianluca Capuano, der musikalische Leiter
Renato Dolcini, Orfeo
Carlotta Colombo, Euridice/La Musica
Sara Mingardo, La Messaggera/La Speranza
Marionnettenspieler:innen der Compagnia Marionettistica Carlo Colla & Figli
Instrumentalist:innen des Ensembles Les Musiciens du Prince – Monaco

Danke für das einzigartige, wunderbare Orfeo-Gastspiel im Carabinierisaal der Residenz zu Salzburg!

 
 

 

 

Carlotta Colombo, Euridice

Die Marionetten „Orfeo“ und „Euridice“ hatten wie alle anderen Ensemblemitglieder am Pfingstsonntag im Haus für Mozart ihren großen Festspiel-Auftritt.

 

Renato Dolcini, Orfeo

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Sehen Sie hier das gesamte Video aus dem Orfeo-Gastspiel im Carabinierisaal

>> klick ins Bild um Video zu starten

 
 
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