Die Familiengeschichte der Colloredos

Die Colloredos stammen ursprünglich aus Friaul. Der Stammvater, Liebhard (Liabordo), war aus dem Bodenseegebiet um 1025 eingewandert und erhielt für besondere Verdienste die Burg Mels bei Udine. Heinrich von Mels errichtete Anfang des 14. Jahrhunderts die Burg „Colloredo di Monte Albano“, ebenfalls bei Udine, nach der sich das Geschlecht fortan benannte.

Ende des 16. Jahrhunderts übernahmen die Colloredos das Wappen der ausgestorbenen Herren von Waldsee – ein schwarzes Schild mit silberner Binde. Ihren Besitz vermehrten sie nicht zuletzt in kaiserlichen Diensten.


 

Colloredos Vater: Rudolph Joseph Colloredo Waldsee und Mels (1706–1788), Gesandter, Minister und ab 1745 Reichsvizekanzler. 1763 wurde er in den Reichsfürstenstand erhoben. Hier sehen wir ihn im Ornat des Ordens vom Goldenen Vlies (Privatbesitz).

 

 

 

Hieronymus Colloredo wurde also in eine reiche, bestens vernetzte und angesehene adelige Familie hineingeboren.

Er hatte 17 Geschwister, war selbst die Nummer 5 und der zweitgeborene Sohn.

Er genoss eine streng religiöse Erziehung, besuchte das Theresianum, studierte an der Universität Wien (Philosophie) und am Collegium Germanicum in Rom, promovierte zum Doktor des kirchlichen und weltlichen Rechts.

Auf umfangreiche Sprachkenntnisse legte man besonderen Wert: Colloredo beherrschte Italienisch, Französisch, Latein und etwas „Böhmisch“.

Seinen Französisch-Hauslehrer, Casimir Villersy,  berief er nach seiner Wahl zum Fürsterzbischof nach Salzburg und ernannte ihn zum Hofmeister der Edelknaben.

Nach dessen Tod  1776 ließ er ihm auf dem St.-Sebastians-Friedhof ein Grabdenkmal errichten.

 

 

 

Portrait von Colloredos Mutter Maria Gabriele im DomQuartier Salzburg

Colloredos Mutter: Maria Gabriele (1707–1793), Tochter des österreichischen Staats- und Konferenzministers Gundaker Thomas Graf Starhemberg (Privatbesitz).

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Adel verpflichtet

Wie in Familien dieses Standes üblich, waren die Karrierepläne in Bezug auf die Kinder vorgezeichnet: Diplomatie, Militär, geistlicher Stand – natürlich immer mit dem Anspruch verbunden, Führungspositionen einzunehmen.

Wenzel Joseph Colloredo (1738–1822)

Joseph Maria Colloredo (1735– 1818)

 

 

Zwei Brüder Colloredos schlugen die militärische Laufbahn ein: Joseph Maria und Wenzel Joseph. Beide bekleideten hohe Ämter, erreichten den Rang eines Feldmarschalls und waren (Kriegs-bzw. Staats- und Konferenz)Minister.

Joseph war zudem Großprior des Johanniterordens, Wenzel Joseph Komtur des Deutschen Ordens.

Auch ihr älterer Bruder Hieronymus war für das Militär vorgesehen.

Da er aber von schwacher Gesundheit war, musste umdisponiert werden – in Richtung geistliche Karriere, die sich nicht zuletzt aufgrund der exzellenten Kontakte der Familie Colloredo zum kaiserlichen Hof in Wien bestens entwickeln sollte.

 

 

 


Familien-Bande

Das A und O neben der richtigen Karriereplanung war die Heiratspolitik, die das Ansehen, den Wert und die Bedeutung der Familie stetig steigern sollte.

So wurden auch die Schwestern Colloredos standesgemäß verheiratet: Maria Antonia (1728–1757) mit Prokop Adalbert Czernin von und zu Chudenitz (1726–1777) und Maria Theresia (1744–1828) mit Eugen Franz Graf Schönborn (1727–1801).

Diese beiden Verbindungen werden später schlagend in Bezug auf die Galerie, die 1923 im 3. OG der Residenz errichtet wurde, also dort, wo sich einst die Gemäldesammlung des Fürsterzbischofs befand. Durch die Leihgaben und späteren Ankäufe aus den Sammlungen Czernin und Schönborn-Buchheim konnte sich die Residenzgalerie Salzburg zu einer Institution internationalen Formats entwickeln.

Colloredos Neffe, Johann Rudolph Czernin (1757-1845), aus dessen berühmter Gemäldesammlung die wertvollsten Objekte der Residenzgalerie stammen, verbrachte seine Studienzeit in Salzburg. Der musikbegeisterte junge Graf zählte Michael Haydn zu seinen Lehrern und die Mozarts zu seinem Bekanntenkreis. Der junge Mozart wurde von seinem Vater, Prokop Adalbert Czernin, finanziell großzügig unterstützt. Onkel Hieronymus fungierte bei seiner Hochzeit mit Maria Theresia Schönborn in Wien als Trauzeuge.

Das Nesthäkchen der Familie Colloredo, Maria Caroline (1752-1832), vermählte sich mit dem Diplomaten und Politiker Ferdinand von Trauttmansdorff (seit 1805 Reichsfürst).

Ein besonders enges Verhältnis pflegte Hieronymus Colloredo zu seiner Schwester Maria Franziska (1746-1795), die Stephan Olivier Graf Wallis (1744–1832) ehelichte.

Maria Franziska Gräfin Wallis Schwester von Hieronymus Colloredo im DomQuartier

Maria Franziska Gräfin Wallis (Kunstsammlungen der Erzabtei St. Peter)

Das Ehepaar Wallis übersiedelte mit seinen Kindern nach Colloredos Regierungsantritt nach Salzburg. Maria Franziska fungierte am Hof des Bruders als Hausdame, war seine engste Vertraute und wichtige Unterstützerin vor Ort. In der Salzburger Residenz bewohnte sie einen eigenen Trakt, das Hofbogengebäude. Heute ist dieser Bereich der Residenz unter dem Namen „Wallis-Trakt“ bekannt.


Franz de Paula Gundaker – Bruder, Freund, Berater

Besonders nah stand Colloredo auch seinem Bruder (Franz de Paula) Gundaker (1731–1807), der ein Jahr älter war als er.

Gundaker schlug eine diplomatische Laufbahn ein, war am Beginn seiner Karriere kaiserlicher Kommissär bei Bischofswahlen, dann kaiserlicher Botschafter am spanischen Hof und folgte 1789 schließlich seinem im Jahr zuvor verstorbenen Vater als Reichsvizekanzler nach. Ging Bruder Hieronymus als letzter Salzburger Fürsterzbischof in die Geschichte ein, war Gundaker der letzte Reichsvizekanzler des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation, das 1806 zerfiel.

Franz de Paula Gundaker Fürst von Colloredo-Mansfeld (Privatbesitz). Den Orden vom Goldenen Vlies erhielt er im selben Jahr, in dem Bruder Hieronymus zum Salzburger Fürsterzbischof gewählt wurde.

 

Hoch- und wohlgebohrner grafh, besonders fr(eun)dlich geliebter herr bruder!

Die beiden Brüder waren eng miteinander verbunden, das zeigt auch ihre umfangreiche private Korrespondenz, die sich über dreißig Jahre erstreckt, beginnend mit Hieronymus’ Wahl zum Fürsterzbischof von Salzburg 1772 bis in die europäische Umbruchphase der Napoleonischen Kriege hinein.

Ämter- und Pfründevergaben, Personalentscheidungen und Postenbesetzungen, Analysen der neuesten Ereignisse und Entwicklungen: Beide Brüder waren in bedeutenden politischen Machtpositionen, entsprechend breit war das Themenspektrum, über das sie sich austauschten – Gundaker, in seiner Funktion als Reichsvizekanzler über alle wichtigen Themen informiert sowie in relevante politische Vorgänge involviert, diente dem Fürsterzbischof als bedeutende Informationsquelle und unverzichtbarer Berater.

 

Brief Collredos an seinen Bruder Gundaker, 23. September 1796, erste Seite

 

 

 

 

 

 

Monsieur et trés chere frère: Die französisch abgefassten Briefe sind ein bedeutendes Zeitdokument und erzählen vom Alltag Colloredos in einer Zeit des gesamtgesellschaftlichen Umbruchs. Sie werden heute im tschechischen Staatlichen Gebietsarchiv in Zámrsk (Familienarchiv Colloredo-Mannsfeld) verwahrt.

 

 

 

 

 

 

 

 

Der Briefwechsel zeichnet aber auch ein vielschichtiges Bild der privaten Seite des Salzburger Fürsterzbischofs und der inneren Angelegenheiten seiner Familie.

So war Bruder Gundaker „Lieferant“ der verschiedensten Dinge – er besorgte Pariser und spanischen Schnupftabak, Wein oder Möbel. Den indischen Damast schickte Colloredo wieder retour, da dieser sich wohl eher für ein Frauenkleid als für eine erzbischöfliche Wohnung eignen würde.

Breiten Raum nahm das Thema Pferde ein. So bat er Gundaker, ihm englische Pferde aus Frankfurt zu besorgen oder sich zu erkundigen, ob Hieronymus zwei Zuchthengste – Isabellen und Hermelinen – aus dem Gestüt des Kurfürsten von Mainz, Emmerich Joseph Breidbach-Bürresheim, kaufen könnte.

 

Des herrn bruder gutwilliger freundt

Die insgesamt 655 überlieferten Briefe an seinen Bruder zeigen, dass Hieronymus Colloredo eine sehr enge Beziehung zu seiner Familie pflegte, erzählen von gegenseitiger Unterstützung, der Sympathie und Antipathie zwischen Eltern, Geschwistern, Schwägern und Schwägerinnen sowie Neffen und Nichten.

Sei es die Anbahnung von Hochzeiten und Aushandlung von Eheverträgen, die Erziehung und Karriereplanung seiner Neffen – Hieronymus mischte überall mit, legte dabei auf die finanzielle Absicherung weiblicher Familienmitglieder besonderen Wert und war in steter Sorge um die Gesundheit der einzelnen Familienmitglieder.

 

Colloredos Brief-Unterschrift mit der Schlußformel: „Votre très affectionné serviteur et frère Jérôme“

Als Eugen Franz Schönborn seiner Schwester Maria Theresia Colloredo-Waldsee einen Heiratsantrag machte, fand Hieronymus, dass sie sich diese gute Gelegenheit als 32-Jährige nicht entgehen lassen sollte, konnte schlussendlich seine scheinbar zögernde Schwester überzeugen, den Antrag anzunehmen.

Nachdem eine günstige Lösung in Sachen Ehevertrag gefunden wurde – der Vater war mit dem ersten Entwurf nicht zufrieden – tat Bruder Hieronymus die Hoffnung kund, das zukünftige Ehepaar werde Kinder haben und falls nicht, dann sei er zumindest froh, seine Schwester gut versorgt zu wissen.


Pour le bien et l’honneur de la famille…

Besonders wichtig war Colloredo der Zusammenhalt innerhalb der Familie.

Familiäre Unstimmigkeiten bekümmerten ihn zutiefst. Bei Reibereien trat er stets als Vermittler auf, wie bei den Erbstreitigkeiten nach dem Tod des Vaters. Um den Frieden wiederherzustellen, verzichtete er sogar auf seine Ansprüche: Das Geld sei gut angelegt, wenn dadurch wieder Ruhe und Frieden einkehre!


Nur nicht die Fassung verlieren!

Das letzte Jahrzehnt vor der französischen Invasion war für Hieronymus besonders schwierig, eine unsichere Zeit der Kriege und drohenden Säkularisation.

Die Briefe an den Bruder zeugen von starken Emotionen und Zukunftsängsten – nicht weiter verwunderlich in einer Phase, in der der Salzburger Fürsterzbischof  immer stärker in die Defensive gedrängt und sein drohender Machtverlust augenscheinlicher wurde.

Colloredo befand sich über Jahre auf einer emotionalen Achterbahnfahrt. Das anrückende französische Heer, Fluchtvorbereitungen, Gerüchte über die Eingliederung des Erzstiftes Salzburg in das Habsburgerreich, Ondits über sein zukünftiges Schicksal und seine Abberufung zehrten an ihm.

Portrait von Dr. Silvester Barisani dem Arzt von Colloredo

Johann Nepomuk della Croce, Dr. Silvester Barisani, um 1790 (Salzburg Museum)

 

 

 

Colloredo genoss eine exzellente medizinische Versorgung, einer der seinen Gesundheitszustand permanent überwachte, war Dr. Silvester Barisani (1719-1810).

Barisani enstammte einer angesehenen Salzburger Ärztefamilie, war mit den Mozarts befreundet, die auch zu seinem Patientenkreis zählten.

Als bei einem  Besuch der Colloredo-Eltern, mit denen Sohn Hieronymus Ausflüge nach Kleßheim, Weitwörth und Laufen unternahm, Vater Rudolph Joseph ein „Magenübel“ befiel, konnte Leibarzt Barisani dieses rasch kurieren.

 

 

 

 

 

 

Der eigene Gesundheits- und Gemütszustand, Unpässlichkeiten wie Schwindelanfälle, Migräne, Verkühlungen, Rheuma oder Hämorrhoiden bewegten Colloredo ebenso wie die gesundheitliche Verfasstheit der einzelnen Familienmitglieder.

Immer schon von fragiler Gesundheit, dürfte ihm auch das wechselhafte Salzburger Wetter zu schaffen gemacht haben.

Im Februar 1798 erkrankte er schwer, erholte sich nur äußerst langsam und gestand seinem Bruder, sich wie ein „unnützes Möbelstück“ (un meuble inutil) zu fühlen, das vielen bald zur Last fallen werde.

Linderung und Erholung brachten die Badekuren in Bad Gastein, die Colloredo in den 1790er Jahren regelmäßig absolvierte. Hier baute er sich sogar ein Badeschloss.

Medikamente nahm er nur widerwillig, „aber die Ärzte zwingen mich, … das sind Tyrannen, denen wir uns unterwerfen müssen.“ Mit Hilfe dieser „Tyrannen“ erreichte Colloredo jedenfalls trotz seiner schlechten körperlichen Konstitution ein beachtliches Alter, er starb mit knapp 80 Jahren in seinem Exil in Wien, seiner Geburtsstadt.

 

 

Sonderausstellung: Colloredo. Reformer in neuem Licht

26. 1.  – 29. 5. 2023 Nordoratorium, Residenzgalerie

Die ausführliche Ausstellung über den letzten geistlichen Landesfürsten widmet sich zahlreichen Aspekten seiner einunddreißigjährigen Regierungszeit und rückt so manches Klischee zurecht.

 


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