Seit Ende Oktober 2017 befindet sich die 1360 Objekte umfassende Nepomuk-Sammlung im Besitz des Dommuseums Salzburg. Sie ist das Lebenswerk des Innsbrucker Kunsthistorikers und Priesters Dr. Norbert Möller. In jahrzehntelanger Sammlertätigkeit ist es ihm gelungen, diesen einmaligen Bestand zusammenzutragen, der unterschiedlichste Zeugnisse der Verehrung Johannes Nepomuks quer durch alle Kunstgattungen enthält.

Dass diese Sammlung für Salzburg gesichert werden konnte, ist einerseits dem Mäzen, Senator DDr. Herbert Batliner aus Vaduz, zu verdanken, der schon oft der Festspielstadt großzügige Stiftungen übereignet hat. Es ist aber auch das Verdienst Prälat Prof. Dr. Johannes Neuhardts, der Sammler und Stifter zu diesem Schritt bewegen konnte.

Wer war Johannes Nepomuk?

Johannes Welflin oder Wolfflin (* um 1350), Sohn eines einfachen Bürgers aus dem westböhmischen Pomuk (heute Nepomuk), wurde erzbischöflicher Beamter, Priester und nach Abschluss seiner juristischen Studien in Prag und Padua 1389 Generalvikar der Erzdiözese Prag. In dieser schwierigen Zeit der Kirchenspaltung (1378–1417) kam es zu Konflikten zwischen dem Prager Erzbischof Jenstein und König Wenzel IV., der zunehmend in die Kirchenpolitik eingriff, kirchliche Rechte und Ansprüche beschnitt. Die Streitigkeiten eskalierten, als Erzbischof Jenstein bei der Abtwahl des Benediktinerklosters Kladrau dem König zuvorkam und der gewählte Abt umgehend von Generalvikar Johannes Nepomuk bestätigt wurde. Wenzel hatte beabsichtigt, einen ihm genehmen Kandidaten als Abt einzusetzen und in der Folge ein neues Bistum Kladrau zu gründen. Daraufhin ließ er mehrere geistliche Würdenträger, darunter den Generalvikar, festnehmen, der Erzbischof selbst konnte sich retten. Die Gefangenen kamen am Ende relativ glimpflich davon, nur den seiner Herkunft nach niedrigsten, aber ranghöchsten Kirchenvertreter, Johannes Nepomuk, unterzog der König brutaler Folter und ließ ihn am 20. März 1393 in der Moldau ertränken. Sein Leichnam wurde drei Jahre später im Veitsdom bestattet.

Patron des Beichtgeheimnisses, der Beichtväter und gegen Verleumdung

Was König Wenzel von Johannes Nepomuk unter der Folter erpressen wollte, ist nicht bekannt. Schon bald entstand die Legende, der Generalvikar sei Beichtvater der Königin Sophie gewesen und der misstrauische Gemahl wollte wissen, was seine Ehefrau in der Beichte gestanden hatte. Johannes Nepomuk habe aber treu dem Beichtgeheimnis geschwiegen, weswegen er sterben musste. Beim Öffnen des Grabes im Veitsdom 1719 fand man im Schädel einen Geweberest, der für die unverweste Zunge gehalten wurde – jene Zunge eben, die das Beichtgeheimnis gehütet hatte. So wurde Johannes Nepomuk Patron gegen böse Zungen. Kleine, stilisierte Nachbildungen der Reliquie, sog. „Nepomuk-Zungen“, sollten als Amulette vor übler Nachrede schützen.

Brückenheiliger

Johannes Nepomuk erlitt den Märtyrertod, indem er von der Karlsbrücke in die Moldau gestoßen wurde. In diesem Zusammenhang steht seine Verehrung als Patron gegen Wassergefahren und Beschützer der Flößer, Schiffer und Müller sowie der Reisenden beim Überqueren von Brücken. Darstellungsweisen in der bildenden Kunst Die Bronzestatue Johannes Nepomuks auf der Karlsbrücke in Prag (1683), die erste ihrer Art, wurde Vorbild unzähliger Statuen des Heiligen. In der Tracht des Kanonikers mit Soutane, Chorhemd, Schulterumhang und Birett hält er ein Kruzifix und die Märtyrerpalme in Händen. Spätere Figuren zeigen einen Kranz von fünf Sternen um sein Haupt, die angeblich zur Auffindung des in der Moldau treibenden Leichnams führten. Schon vor der Heiligsprechung stehen diese Sterne anstelle eines Nimbus und bleiben dauerhaft Kennzeichen Johannes Nepomuks. Den Sternen wurden die fünf Buchstaben des Wortes „tacui“ (= ich habe geschwiegen) zugeordnet. Nur Maria Immaculata trägt ebenfalls einen Sternenkranz.

Salzburg als Zentrum der Verehrung

Lange vor seiner Selig- und Heiligsprechung war die Verehrung Johannes Nepomuks im Erzstift Salzburg und in den Suffragan- und Eigenbistümern überaus verbreitet. In fast allen Kirchen der Stadt gab es Bilder, die unter dem Schein der Heiligkeit verehrt wurden. Bei der 1714 aufgestellten, lebensgroßen Marmorstatue an der Stadtbrücke gab es zahlreiche Votivgaben, die den wundertätigen Beistand Johannes Nepomuks bezeugten. Dass man es nicht erwarten konnte, Johannes Nepomuk unter den Heiligen zu sehen, zeigt auch das Kuppelfresko der Dreifaltigkeitskirche, in dem Johann Michael Rottmayr bereits 1697/1698 Johannes Nepomuk in den Heiligenhimmel aufgenommen hatte. Die Verehrung wurde auch von den Fürsterzbischöfen gefördert: Franz Anton Harrach errichtete die Kapelle von Schloss Mirabell zu Ehren Johannes Nepomuks und stattete sie 1725 mit einem Altarbild des Seligen aus. Sein Nachfolger, Leopold Anton Firmian, vertrat den erkrankten Prager Erzbischof Ferdinand Graf Kuenburg bei den Feierlichkeiten anlässlich der Heiligsprechung in Prag 1729. Erzbischof Kuenburg revanchierte sich ein Jahr später mit einer bedeutenden Nepomuk- Reliquie, die Firmian in einem kostbaren Gefäß feierlich in die Kapelle von Schloss Mirabell übertrug.
In keiner anderen österreichischen Landeshauptstadt ist Johannes Nepomuk im öffentlichen Raum so präsent wie in Salzburg. Innerhalb zweier Jahrzehnte schuf der bedeutende Spätbarockbildhauer Josef Anton Pfaffinger fünf Marmorfiguren dieses „Modeheiligen“: am Südende des Leopoldskroner Weihers, auf der Brücke in Maxglan und der Plainbrücke in Itzling, in Söllheim und am Franz-Josefs-Kai (bis 1860 an der alten Salzachbrücke).

Als die preußischen Truppen nach der österreichischen Niederlage von Königgrätz 1866 gegen Prag vorrückten, ließ Erzbischof Friedrich Fürst zu Schwarzenberg die Gebeine des hl. Johannes Nepomuk in Sicherheit bringen. Er übergab sie seinem Freund und Nachfolger, Erzbischof Maximilian von Tarnóczy, in Salzburg zur treuen Obhut. Drei Monate lagen diese in Kisten verpackt im erzbischöflichen Palais am Kapitelplatz. Erst nach Ende der Kriegshandlungen durfte die Öffentlichkeit informiert werden. Daraufhin fanden in Salzburg acht Tage lang Prozessionen, Andachten und Volksfeste statt.

Wenngleich Salzburg im Gegensatz zu Wien, Innsbruck oder Bregenz keine Nepomukkirche vorweisen kann, ist hier die Verbindung mit diesem Heiligen aus den genannten Gründen intensiver.

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