Führung zum Internationalen Frauentag 2020

Die Führung zum Internationalen Frauentag 2020 für Sie zum Nachlesen

Teil 1: Die Künstlerin Barbara Reisinger (geb. 1955)

Barbara Reisinger, lange schon in Salzburg lebend, ist mit ihrer Kunst in die Welt der Keramik getaucht. Dieser Werkstoff begleitet uns Menschen seit jeher – wir denken dabei zumeist an Gebrauchskeramik.

Nach ihrem Studium an der Universität für künstlerische und industrielle Gestaltung in Linz, spezialisiert sich die Künstlerin im Rahmen einer weiteren Ausbildung an der Gerrit Rietveld Academie in Amsterdam auf besagten Werkstoff.
Zusehends arbeitet Barbara Reisinger daran, der typischen Vorstellung von Keramikarbeiten mit innovativen Ideen entgegen zu wirken. 


Führung im Weißen Saal der Prunkräume

Eines dieser Ergebnisse durften wir im Rahmen der diesjährigen Führung sogar im Original kennenlernen – im Weißen Saal der Prunkräume aufgestellt und in Gegenüberstellung mit einem der Keramiköfen aus der Zeit des Fürsterzbischofs Hieronymus Colloredo.
Mit dem Titel „Eine Vase ist eine Vase, ist eine Vase“ aus dem Jahr 1998 führt uns die Künstlerin beeindruckend vor Augen, auf welch spannende Weise eine keramische Oberfläche wandelfähig sein kann. Die Inspiration zu dieser Arbeit liefert eine Prunkvase aus der k & k Zeit.


Barbara Reisinger, Eine Vase ist eine Vase, ist eine Vase, 1998

Via Siebdruck wurde ein Foto dieses geschichtsträchtigen Objekts auf das eigene transferiert. Erst wenn man sich um die Vase zu bewegen beginnt, wird das Foto in den Vertiefungen der wie in Falten gelegten Schauseite erkennbar. Und mit einer (kleinen) Änderung: Kaiserin Sissi und Kaiser Franz Josef I. wurden durch die beiden Publikumslieblinge Romy Schneider und Karl Heinz Böhm ersetzt.
Eine überaus vielschichtige Arbeit, die Lust darauf macht, das Werk Barbara Reisingers weiter zu entdecken und kennenzulernen.


Übrigens: Vasen sind u. a. auch Thema im Schaffen eines ihrer Schüler. Gerold Tusch gestaltete die beiden silbrig glänzenden Prunkgefäße am Übergang der Langen Galerie und dem Museum von St. Peter im DomQuartier.

 

 

Teil 2: Die Künstlerin Vivian Suter oder der Hügel der Muse

Suter? Der Name lässt Sie an den bekannten Schweizer Autor denken? Sie liegen richtig! In jungen Jahren war die Künstlerin mit dem Schriftsteller Martin Suter verheiratet. Damals, als sie in Basel Malerei studierte. Nach der Trennung zog es Vivian Suter zurück nach Südamerika, wo sie 1949 geboren wurde. Seit nunmehr 30 Jahren lebt und arbeitet sie in Guatemala, nahe dem Dorf Panjachel. Das Wohnhaus liegt direkt an einem See, das Atelier oben am Hügel inmitten üppiger Vegetation. Immer wieder werden ihre Arbeiten, die in einem einfachen Bilderlager Platz finden, von Überschwemmungen, die tropischen Stürmen folgen, heimgesucht. Für Vivian Suter sind Schlamm und Wasser Teil ihrer Arbeiten geworden.

Christine Fegerl über Vivian Sutter

 

Im Rahmen der documenta 14 wird die Künstlerin 2016 auf die griechischen Insel Nisyros eingeladen. Sie arbeitet unter freiem Himmel, nahe einem erloschenen Vulkankrater. Die ungespannten Leinwände liegen direkt am Boden. Vivian Suter malt stets im Einklang mit ihrer Umgebung.
Dieser naturnahen, ja behutsamen Vorgehensweise folgt schließlich die Präsentation der Werke in Athen 2017 am Hügel Filopappou – von den Athenern liebevoll auch Hügel der Musen genannt.
Dort angekommen, fällt der Blick auf den mit Schilfrohr gedeckten Pavillon. Sanft bewegt der Wind Suters Leinwände, die wie Wäschestücke auf einer Leine aneinander gereiht, herab hängen. Die entstandenen Korridore eröffnen die Möglichkeit, die Bilder von beiden Seiten zu betrachten. Eine duftende Macchia und die Aussicht auf die Akropolis bereichern das (über)sinnliche Erlebnis, das in jedem Fall in Erinnerung bleibt.
Vivian Suters Œvre nimmt uns mit auf eine Reise in die unendliche Welt der Formen und Farben, die sie aus der Natur unmittelbar auf die Leinwand überträgt. Der Wunsch erwacht, die Künstlerin in ihrem Refugium in Guatemala einmal besuchen zu dürfen. Dort auf jenem Hügel, den wir vielleicht auch als Hügel der Muse beschreiben würden.

Wir laden Sie dazu ein in die Bilderwelt Vivian Suters einzutauchen!

 


Teil 3: Die Künstlerin Birgit Graschopf oder die Einzigartigkeit eines Bildes. 

 

Christine Fegerl über Birgit Graschopf

Malerei fasziniert nicht allein durch den Farbauftrag – auch dem Untergrund, auf dem gemalt wird, kommt bei der Wirkung eines Bildes eine bedeutende Rolle zu.
Für die in Wien geborene und lebende Künstlerin mag dieses Faktum eine von vielen Überlegungen auf dem Weg zu ihrer Kunst darstellen. Eine Kunst, in der Birgit Graschopf die Möglichkeiten der Fotografie und deren Wiedergabe neu definiert und auslotet. Ihre beiden Studien an der „Angewandten“ in Wien sowie an der „Hogskölan for Fotografi och Film“ in Göteborg begleiteten sie auf diesen Weg.

Seit den frühen Schritten der Fotografie am Ende des ersten Viertels des 19. Jahrhunderts, sind wir daran gewöhnt, Fotos belichtet und entwickelt auf Papier – mit dem Beginn der digitalen Ära auf diversen Bildschirmen zu betrachten.

Birgit Graschopf transferiert ihre Fotos auf Flächen bzw. auf für Belichtungen untypische Untergründe. Das können verschiedenartige Wände an unterschiedlichen Orten sein, die zunächst mit einer lichtempfindlichen Substanz gestrichen und anschließend dem Prozess der Belichtung zugeführt werden. Dabei entsteht ein Bild, das in dieser Form nicht weiter reproduzierbar und deshalb einzigartig ist und bleibt.


Birgit Graschopf, „Untitled“

Für die Arbeit „Untitled“, aus dem Werkzyklus „The Nocturne of Alicante“ aus dem Jahr 2018 hielt die Künstlerin eine Terrasse an einem Strand des Hafen- und Badeorts an der Costa Blanca in Spanien fotografisch fest. Ein zu diesem Zeitpunkt menschenleerer Ort, der nur durch die Einblendung der Silhouette einer weiblichen Figur belebt wird. Offensichtlich steht die junge Frau ganz nah am Terrassengeländer. Das aufgewühlte Meer und der dunkle Himmel im Hintergrund schimmern durch ihren Oberkörper – die Sandformationen am Strand durch den plissierten Rock. Vielleicht hat es kurz davor geregnet? Die Betonstütze und das Metallgitter, die sich in einer Regenpfütze spiegeln, lassen es vermuten.

Birgit Graschopf hat als Belichtungsgrund ein Schleifpapier gewählt. Dessen körnige, mitunter glitzernde Partikel bemerkt man erst aus der Nähe. Sie verleihen dem Bild eine ganz eigene, malerische Präsenz, der die Verknüpfung zwischen den einzelnen Materialstrukturen im Bild und den Strukturen des Schleifpapiers zu Grunde liegt.

Apropos Verknüpfung: Im Gegensatz zum spanischen Pendant präsentiert sich die Terrasse auf der „Nördlichen Dombogengalerie“ des DomQuartiers von Besucher*innen gut frequentiert – zumindest während der Öffnungszeiten des Museums.

Mit ihrem feinen Gespür für Zeit, Ort und Mensch, bewirkt Birgit Graschopf zweidimensionale Flächen in einzigartige dreidimensionale Räume zu verwandeln. Es lohnt sich, in diese einzutreten und sich vielleicht darin auch ein klein wenig zu verlieren.

 

Text: Christine Fegerl MA (Kunstvermittlung Domquartier)

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