23. Juni 2019 – 25. Mai  2020 (verlängert) im Nordoratorium des Salzburger Doms
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Kuratorin der Ausstellung
Dr. Regina Kaltenbrunner, Leiterin Sammlung Rossacher im Salzburg Museum

Rom gilt als der Geburtsort des Barocks. In der bedeutenden Sammlung Rossacher im Salzburg Museum finden sich Entwürfe, die zu Schlüsselwerken dieser Kunstepoche werden sollten. Arbeiten von Gianlorenzo Bernini und seinem Atelier sind ebenso vertreten wie von seinem Konkurrenten Alessandro Algardi. Ein Entwurf für den Hochaltar der Chiesa Nuova von Peter Paul Rubens zeigt dessen wichtigsten römischen Auftrag. Dieser ist auch ein beredtes Beispiel für die Zusammenarbeit von Künstler und Auftraggeber.

Den Entwürfen sind Großfotos der Werk-Ausführungen beigesellt. Sie vervollständigen das Bild des barocken Roms im Nordoratorium des Salzburger Doms.

Kurt Rossacher (1918-1988) sammelte Entwürfe – Ölskizzen, Bildhauerbozzetti und Zeichnungen – europäischer Kunst des 17. und 18. Jahrhunderts. Dabei war ihm zunächst die künstlerische Qualität der Werke wichtiger als bestimmte Kunstlandschaften oder Künstlernamen. Dennoch finden sich in seiner Sammlung genügend Vorarbeiten zu wichtigen Kunstvorhaben in der Stadt Rom. Zu den wichtigsten Vertretern zählen in diesem Zusammenhang Gianlorenzo Bernini und Pietro da Cortona. Für Peter Paul Rubens war ein Auftrag in Rom von besonderem Wert für seine weitere Laufbahn.

Die Konzentration auf Beispiele römischer Kunst ist mit dem Thema der kommenden Ausstellung in den Räumlichkeiten der Residenzgalerie abgestimmt. Die Schau „Goldene Zeiten. Holländische Malerei des 17. Jahrhunderts“ mit Meisterwerken aus dem Sammlungsbestand der Residenzgalerie Salzburg und jenem der Gemäldegalerie der Akademie der bildenden Künste Wien wird am 3. August eröffnet. 

Das DomQuartier Salzburg präsentiert damit zwei Sonderschauen, die das Kernthema des Hauses, den Barock, aufgreifen. Sie sind thematisch verbunden und treten miteinander in einen reizvollen Dialog.

Der Gang durch die Residenzgalerie über die Dombogenterrasse in das Nordoratorium des Salzburger Doms wird so zu einer spannenden Expedition durch die Barockzeit mit ihren vielfältigen Facetten, Ausdrucksformen, Traditionen, aber auch Unterschieden: Auf der einen Seite die katholisch geprägte Kunst mit Klerus und Adel als Auftraggeber, auf der anderen Seite die protestantischen nördlichen Niederlande mit ihrer republikanischen Staatsform. Hier schufen die Künstler für ein erstarkendes Bürgertum und einen sich etablierenden Kunstmarkt ‒ eine einzigartige Konstellation, die die Bildsprache und die Funktion der Kunst verändern sollte.


Rom

Rom war seit Jahrhunderten das religiöse und kulturelle Zentrum Europas. Bereits seit der Renaissance waren die Päpste bestrebt, Rom zur glänzendsten Stadt der Christenheit zu machen. Dazu gehörte eine Stadtplanung mit neuen Straßenzügen, mit Sichtachsen auf Paläste und Plätze mit Brunnen und Obelisken.
Rom gilt als der Geburtsort des Barocks. Er war die letzte Kunstrichtung, die sich in ganz Europa verbreitete – und darüber hinaus bis nach Südamerika. Mächtig, klassisch und eindrucksvoll sollte er sein – und ein beredter Botschafter des Katholizismus.
Seit dem Konzil von Trient hatte die katholische Kirche ein neues Selbstbewusstsein. Die Gegenreformation wurde vor allem mit Hilfe der Kunst vorwärtsgetrieben. 1626 wurde der neue Petersdom geweiht. Die Stadt wurde mit Kirchen, Brunnen, Plätzen, Palästen und Villen geschmückt. Die Kunst avancierte zum Instrument herrschaftlicher Selbstinszenierung.
Papst Urban VIII. (1568-1644) und der Bildhauer, später auch Architekt, Gianlorenzo Bernini waren in dieser Hinsicht ein kongeniales Paar. Urbans Nachfolger, Innozenz X. (1644-1655) bevorzugte Alessandro Algardi als Bildhauer. Bernini verlor vorübergehend alle öffentlichen Aufträge – bis der Papst seinen Entwurf für den Vierströmebrunnen auf der Piazza Navona sah!
Rom war zudem Anziehungspunkt für Künstler aus ganz Europa. Hier konnten sie an einem Ort antike und moderne Monumente studieren. Von hier brachten sie einen neuen Kunststil – den Barock – zurück in ihre Heimat.

 

Von Bernini bis Rubens

Gianlorenzo Bernini und sein Konkurrent Alessandro Algardi sind die herausragenden Protagonisten der römischen Barockskulptur. Die Malerei ist in der Ausstellung durch Berninis Freund Giovanni Battista Gaulli, gen. Il Baciccio, und Pietro da Cortona vertreten. Peter Paul Rubens gilt als der große Vermittler italienischer Kunst in den Norden. Mit Anton Raphael Mengs beginnt das Ende der barocken Kunstrichtung.
Weiters sind Arbeiten von Mariano Rossi, Domenico Corvi und Benedetto Luti ausgestellt.

„Ein Entwurf stellt ein Projekt in der vollen Kühnheit der schöpferischen Phantasie dar“
Kurt Rossacher

 

RAUM 1

  • Gianlorenzo Bernini (1598-1680), Metamorphose Christi oder Verklärung am Berg Tabor
    Modell für ein Relief, Ausführung unbekannt, 1657; Terracotta, Reste von Vergoldung; Salzburg Museum, Sammlung Rossacher Inv.-Nr. RO 0544

Von 1655 bis 1667 schuf Bernini die Cathedra Petri in der Hauptapsis von St. Peter. Sie erinnert an den karolingischen Thron, der einst hier stand und den man für den Thron Petri gehalten hatte. Zwei griechische und zwei lateinische Kirchenväter tragen ihn. Darüber öffnet sich der Himmel. In der Mitte erscheint die Heilig-Geist-Taube auf einem Fenster aus Alabaster. Auf den umgebenden Wolken sind Strahlen und Putten. Die Cathedra Petri ist ein Höhepunkt des römischen Barocks.

  • Carlo Maratta (1625-1713), Umkreis, Porträt Gianlorenzo Bernini, um 1680
    Öl auf Leinwand; Salzburg Museum, Sammlung Rossacher Inv.-Nr. RO 0061

Carlo Maratta wurde nach Pietro da Cortona der führende Künstler Roms. Viele seiner Mitarbeiter malten in seinem Stil. Bernini gilt als der Schöpfer des barocken Roms. Nahezu alle Porträts von ihm sind Bruststücke, fast immer steht sein konzentrierter Blick im Zentrum.

  • Gianlorenzo Bernini (1598-1680), Atelier, Reiterdenkmal Kaiser Konstantins des Großen
    Entwurf für das Reiterstandbild an der Scala Regia, St. Peter, Rom, 1665; Terracotta; Salzburg Museum, Sammlung Rossacher Inv.-Nr. 0523

Die Scala Regia verbindet Petersdom, die Stanzen und die Sixtinische Kapelle. Sie wurde 1663 bis 1666 von Bernini erheblich umgebaut. Die Treppe sollte den Besucher durch ihre imposante und feierliche Gestaltung auf Großes vorbereiten. Mit mehreren optischen Tricks erreichte Bernini eine monumentale Wirkung. Am Fuß der Treppe steht Berninis Reiterstandbild Konstantins d. Gr. (1663–1670). Der Reiter sitzt auf einem steigenden Pferd und richtet den Blick nach oben. Dort erscheint ihm die Prophezeiung IN HOC SIGNO VINCES („In diesem Zeichen wirst du siegen“). Konstantin hatte in der Schlacht an der Milvischen Brücke seinen Mitkaiser Maxentius besiegt. Diese Begebenheit gilt als der Beginn des Christentums als Staatsreligion.

Gianlorenzo Bernini, der Sohn des Florentiner Bildhauers Pietro Bernini, war ein Wunderkind. Bereits im Alter von acht Jahren meißelte er einen Kinderkopf aus Marmor. 1605 übersiedelte die Familie nach Rom, wo Pietro für Papst Paul V. Borghese arbeitete, der bald für die Ausbildung des Knaben sorgte. Er übertrug sie Kardinal Maffeo Barberini, dem späteren Papst Urban VIII. Barberini. Bernini hatte fortan Zugang zu allen vatikanischen Sammlungen. Seine ersten Aufträge erhielt er von Barberini. Dieser war es auch der Bernini dazu drängte, sich mit Malerei und vor allem mit Architektur zu beschäftigen. Kaum 30jährig wurde Bernini Architekt von

St. Peter. 1656 begann er mit den Kolonnaden vor St. Peter, 1663 mit der Scala Regia, 1669 mit der Engelsbrücke. Insgesamt diente Bernini acht Päpsten. Er unterhielt eine sehr große Werkstatt mit vielen Mitarbeitern

Nur zweimal in seinem Leben verließ er Rom, für einen Auftrag in Ariccia und 1664 um dem Ruf Ludwigs XIV. Folge zu leisten. Seine Louvrepläne wurden aber nicht realisiert. Bernini liebte theatralische Inszenierungen, wie in seinem Oeuvre ersichtlich ist. Er komponierte und schrieb Opern und Komödien und besaß sogar ein eigenes Theater.

 

RAUM 2

  • Mariano Rossi (1731-1807), zugeschrieben, Verstoßung der Hagar
    autonomes Ölbild, 2. H. 18. Jhd.; Öl auf Leinwand; Salzburg Museum, Sammlung Rossacher Inv.-Nr. RO 0327

Sarah, die keine Kinder bekam, führte ihrem Mann Abraham Hagar zu, die Ismael gebar. Als später Isaak auf der Welt war, musste Abraham Hagar verstoßen und in die Wüste, d.h. in den Tod, schicken. An der Türschwelle beobachtet Sarah die Abschiedsszene.

  • Mariano Rossi (1731-1807), zugeschrieben, Opferung Isaaks
    autonomes Ölbild, 2. H. 18. Jhd.; Öl auf Leinwand; Salzburg Museum, Sammlung Rossacher Inv.-Nr. RO 0325
  • Domenico Corvi (1721-1803), zugeschrieben, Ruhe auf der Flucht
    Entwurf für ein Altarbild, Ausführung unbekannt, um 1665; Öl auf Leinwand; Salzburg Museum, Sammlung Rossacher Inv.-Nr. RO 0331
  • Gregorio Guglielmi (1714-1773), Die Madonna reicht den hll. Solutore, Avventore und Ottavio die Märtyrerpalme
    Ölskizze für ein Altarbild in der Chiesa dei Santi Martiri, Turin, 1765/66; Öl auf Leinwand; Salzburg Museum, Sammlung Rossacher Inv.-Nr. RO 0334

Guglielmi lernte in Rom, auch seine frühesten, sehr gelobten Arbeiten befinden sich dort. 1752 verließ er die Stadt, wo sein Ruhm allmählich verblasste und arbeitete fortan in Neapel, Dresden, Wien (Schloss Schönbrunn), Augsburg, Turin und St. Petersburg, wo er auch verstarb.

  • Benedetto Luti (1666-1724), Christus am Ölberg
    Entwurf für ein Altarbild, Ausführung unbekannt, 1695-1700; Öl auf Leinwand; Salzburg Museum, Sammlung Rossacher Inv.-Nr. RO 0020

Luti, ein geborener Florentiner, ging 1690 nach Rom. Dort reüssierte er sowohl als Maler wie auch als Kunsthändler und Lehrer. Seine pathetisch bewegten Kompositionen und der Einsatz von Hell-Dunkel-Effekten steigern die erzählerische Dramatik seiner Ölbilder.

  • Mariano Rossi (1731-1807), zugeschrieben, Auffindung des Mosesknaben
    autonomes Ölbild, 2. H. 18. Jhd.; Öl auf Leinwand; Salzburg Museum, Sammlung Rossacher Inv.-Nr. RO 0326
  • Mariano Rossi (1731-1807), zugeschrieben, Moses vor dem brennenden Dornbusch
    autonomes Ölbild, 2. H. 18. Jhd.; Öl auf Leinwand; Salzburg Museum, Sammlung Rossacher Inv.-Nr. RO 0324
  • Alessandro Algardi (1598-1654), Nachfolge, Apostelkopf (hl. Petrus)
    Modell für eine Büste, 1661; Terracotta; Salzburg Museum, Sammlung Rossacher Inv.-Nr. RO 0525

Es gibt mehrere Fassungen dieser Apostelbüste, auch einen Bronzeguss, der ein gesichertes Werk Algardis ist. Dieses Modell ist im Rücken mit 1661 datiert, entstand also nach Algardis Tod. Sein Schöpfer orientierte sich aber an dessen Kunst.

  • Gianlorenzo Bernini (1598-1680), Werkstatt, Büste eines jungen Mannes
    Modell für eine Büste in Marmor oder Bronze, 17. Jhd.; Terracotta; Salzburg Museum, Sammlung Rossacher Inv.-Nr. 0524

Die monumentale Gestaltung und die impulsive Handhabung des Tons – vor allem bei den Haaren – weisen auf die Hand Gianlorenzo Berninis. Die vorliegende Büste zeigt gewisse Ähnlichkeiten mit dem Selbstporträt des Giovanni Battista Gaulli.

  • Peter Paul Rubens (1577-1640), Die hll. Maurus, Gregor d. Gr., Papianus, Nereus, Flavia Domitilla und Achilleus
    Ölskizze für das Altarbild in Sta. Maria Valicella, Rom, 1608; Öl auf Leinwand; Salzburg Museum, Sammlung Rossacher Inv.-Nr. RO 0316

Der Hochaltar der Oratorianerkirche, für den Rubens drei Gemälde malte, gehörte zu seinen wichtigsten Aufträgen in Rom. Der Entwurf zeigt die beiden Seitengemälde zusammengefasst auf einer Leinwand. Rubens behielt die Komposition bei, nur Details, wie das Alter der Heiligen, wurden noch geändert.
Peter Paul Rubens wurde 1598 in die Malergilde von Antwerpen aufgenommen. 1600 ging er nach Italien, um dort Tizian und Veronese zu studieren. Vincenzo Gonzaga, Herzog von Mantua, berief ihn als Hofmaler. Es folgten Studien- und Arbeitsaufenthalte in Rom, Madrid, Genua und Mailand. Die Nachricht von der Krankheit seiner Mutter rief ihn im Herbst 1608 nach Antwerpen zurück. 1610 wurde er niederländischer Hofmaler. Wegen der vielen Aufträge malte er oft nur die Skizzen selbst, die Ausführung überließ er größtenteils seinen Schülern. Rubens stand auch im diplomatischen Dienst der spanisch-habsburgischen Krone.
Als 1575 Papst Gregor XIII. Boncompagni (1572-1585) die von Philipp Neri gegründete Kongregation des Oratoriums anerkannte, erhielt sie eine aus dem 12. Jahrhundert stammende, verfallene Basilika übertragen. Philipp Neri entschied sich für einen großzügigen Neubau (chiesa nuova). Die Gewölbe in Langhaus, Apsis und Sakristei sowie die Kuppel freskierte von 1633 bis 1639 Pietro da Cortona. Der Chorraum der Kirche enthält drei Frühwerke von Peter Paul Rubens.
Rubens erhielt 1608 den „Prestige-Auftrag“ für den Hochaltar der sogen. Chiesa Nuova. Der ganze Neubau war ein Aufsehen erregendes Unternehmen, ebenso seine Ausstattung. Die Kirche erhielt die Reliquien der Märtyrer Maurus, Papianus, Flavia Domitilla, Nereus, Achilleus und Gregor des Großen. Sie wurden die Patrone der Oratorianer und sollten auf dem Hochaltarbild abgebildet werden. Dessen Zentrum aber sollte die Madonna della Vallicella, ein wundertätiges Wandfresko aus dem 15. Jahrhundert, sein. Die Oratorianer schlossen mit Rubens einen Vertrag, der den Inhalt des Gemäldes sehr detailliert darlegte. Obwohl Rubens zur Vorlage eines Entwurfs verpflichtet war, behielten sich die Oratorianer das Recht vor, die Arbeit abzulehnen. Rubens hatte achte Monate Zeit für die Ausführung.
Rubens wählte ein hochrechteckiges Format (4,77 x 2,88 m) und für den Bildaufbau einen Triumphbogen, in dessen Scheitel er das Madonnenbild, eine sehr freie Wiedergabe des ursprünglichen Gnadenbilds, malte. Nach siebenmonatiger Bedenkzeit lehnten die Oratorianer das Gemälde ab. Eindeutige Gründe dafür sind nicht überliefert. Rubens nahm das Bild, das sich heute in Grenoble befindet, zurück und erarbeitete eine neu Variante. Zunächst reagierte er auf die komplizierten Lichtverhältnisse, das Werk wurde nun dreiteilig und auf Schiefer gemalt. Dies sollte Reflexionen verhindern. Das Mittelbild, Maria wird von Engeln verehrt, ist im Hochaltar angebracht und hat eine von den Priestern gewünschte Besonderheit. Man kann dieses auf Kupfer gemalte Bild entfernen und mittels Hebemechanismus das originale wundertätige Bild zeigen. Auf den beiden an den seitlichen Chorwänden angebrachten Altartafeln sind wiederum die hll. Maurus, Papianus und Gregor der Große mit ihren Attributen sowie Nereus, Flavia Domitilla und Achilleus mit ihren Märtyrerpalmen dargestellt. Sie kommunizieren untereinander, mit den Betrachtern und suchen den Kontakt zu Maria.

 

RAUM 3

  • Nach Pietro da Cortona (1596-1669), Glorie des Hauses Barberini und Papst Urbans VIII. Wiederholung des Mittelteils des Deckenfreskos im Salone grande des Palazzo Barberini, Rom, nach 1632; Öl auf Leinwand; Salzburg Museum, Sammlung Rossacher Inv.-Nr. RO 0009

In der unteren Bildhälfte thront die Göttliche Vorsehung, die Urban VIII. aus der Familie Barberini zum Papst gemacht hat. Tugenden tragen die Lorbeerkränze rund um das Familienwappen (3 Bienen), das von der Tiara gekrönt wird.

Pietro Berrettini, gen. da Cortona, Gianlorenzo Bernini und Francesco Borromini sind die großen Künstler Roms im 17. Jahrhundert. Als Maler sollte Cortona den Familienbetrieb (Bauunternehmer und Steinmetze) unterstützen. Doch sein Lehrer nahm ihn mit nach Rom, wo er fast sein ganzes Leben lang blieb. Dort zeichnete Cortona u. a. nach der Antike. Früh konzentrierte er sich auf die Freskomalerei. Seine Karriere erfuhr einen großen Impuls, als die Bankier- und Sammlerfamilie Sarchetti sowie die Papstfamilien Barberini und Chigi zu wichtigen Auftraggeber wurden. Cortona errang als Architekt dieselbe Bedeutung wie als Maler. Er starb unverheiratet, sein Erbe kam der Unterkirche Sta. Martina zugute.

Der Palazzo Barberini steht auf antiken Substruktionen und enthält Teile einer Villa der Familie Sforza. Bauherren waren die beiden Neffen des Papstes Urban VIII., Fürst Taddeo und Kardinal Francesco Barberini. Als Architekten fungierten Carlo Maderno, Gianlorenzo Bernini (Bauleitung), Francesco Borromini und Pietro da Cortona. Die Fassade des Palazzos ist dem Kolosseum nachgebildet. Da der Mitteltrakt zurückversetzt ist, hat der Palazzo – für Rom ganz ungewöhnlich – einen Ehrenhof. Dort befindet sich der Salone grande, der damals größte private Festsaal.

Das Gewölbefresko zählte zu den größten (25 x 15 m) und ambitioniertesten Aufgaben des Seicento, dementsprechend umworben war die Auftragsvergabe. Mit Pietro da Cortona wurde ein sehr junger Künstler berufen. Sowohl bei der formalen wie auch bei der ikonographischen Ausgestaltung ging Cortona neue Wege. Formal ist es die Abkehr vom quadro riportato („das an der Decke angebrachte Gemälde“) hin zum cielo aperto, dem offenen, illusionistisch gestalteten Himmel. Gemalte Stuckrahmen, also eine Scheinarchitektur, die reich mit Figuren ausgestattet ist, gliedern das Gewölbe. Es ist ein bis dahin nie gemaltes Nebeneinander von mythologischen Themen und Allegorien – letztere sollten die religiösen Themen „darstellen“. Herausragend ist die lichte Farbigkeit. Das Bildthema ist die Verherrlichung des Papstes Urban VIII. und seiner Regierung.

 

  • Nach Giovanni Battista Gaulli, gen. Il Baciccio (1639-1709)
    Ricordi dreier Zwickelfelder; Öl auf Leinwand; Salzburg Museum, Sammlung Rossacher Inv.-Nr. RO 0055, 0056, 0057
  • Allegorie der Temperantia

Das Attribut der Mäßigkeit (Temperantia) ist ein Zaumzeug (rechts oben). Hier krönt der Ruhm (Fama) die keusche Besonnenheit (weiße Lilie), die die reiche Unzucht niedertritt. Eros besiegt Anteros. Auch das Einhorn links ist ein Symbol der Keuschheit.

  • Allegorie der Fortitudo

Die Tapferkeit (Fortitudo) mit Helm und Lanze wird von der Liebe (Caritas) aufgefordert, das Kreuz (Martyrium) zu nehmen. Manche erkennen in der stillenden Mutter auch die Barmherzigkeit. Putti zertrümmern Statuen heidnischer Götter.

  • Allegorie der Justitia

Die Gerechtigkeit (Justitia) mit Schwert und Waage tritt den Krieg (Falschheit) mit Füßen und wird vom Frieden (Pax) geküsst; beide werden gekrönt. Das Gesetz zeigt auf seine Tafeln und die Wahrheit (Veritas) hebt die Sonne.

Giovanni Battista Gaulli (Genua 1639-1709 Rom), auch genannt (Il) Baciccio oder Baciccia, ist besonders als Freskant und Porträtmaler bekannt. 1657 verlor er durch die Pest Eltern und neun Geschwister. Zu dieser Zeit ging er nach Rom. Dort wurde Gianlorenzo Bernini auf ihn aufmerksam. Sie freundeten sich schließlich an, Bernini vermittelte Gaulli viele Aufträge, zunächst als Porträtmaler, dann als Freskant. Gaulli porträtierte sieben Päpste. 1662 erfolgte die Aufnahme in die Accademia San Luca, 1673 wurde er ihr principe. Zu seinem Oeuvre zählen auch Altar- und Galeriebilder, sein Hauptwerk aber ist die Ausgestaltung von Il Gesù, ein Auftrag, an dem er insgesamt 13 Jahre arbeitete.

Die Kirche Sant‘Agnese in Agone ersetzte ein Oratorium zu Ehren der hl. Agnes innerhalb des antiken Stadions, das der heutigen Piazza Navona ihre Form gab.

1123 wurde es zu einer kleinen Basilika ausgebaut, die bis in das 17. Jahrhundert unverändert blieb. Papst Innozenz X. Pamphilij war ein diesbezüglicher Neubau, der auch seine Grabstätte beinhalten sollte, ein besonderes Anliegen. Die Grundsteinlegung erfolgte 1652. Nach Unstimmigkeiten entließ er den Architekten Girolamo Rainaldi und berief Francesco Borromini. Doch Innozenz X. starb vor der Fertigstellung, sein Nachfolger Alexander VII. Chigi verstand sich nicht mit Borromini. Rainaldi wurde zurück-, dann Bernini hinzugerufen. 1672 wurde Sant’Agnese eingeweiht.

1666 vermittelte Bernini Gaulli den Auftrag für die Zwickelfelder der Kuppel von Sant’Agnese. Es waren Gaullis erste Fresken, die die vier Kardinalstugenden darstellen sollten. Gaulli bereitete sich sehr intensiv auf seine Tätigkeit vor – inklusive Studienreise zu den Fresken des Correggio in Parma. Seine Arbeiten sind von vielen Vorzeichnungen und Ölskizzen begleitet. Beim Betreten der Kirche sieht man links die Gerechtigkeit (Justitia), rechts die Klugheit (Prudentia), die Tapferkeit (Fortitudo) und die Mäßigkeit (Temperantia). Vermutlich hat Bernini die formale und inhaltliche Gestaltung der Fresken beeinflusst.

  • Giovanni Battista Gaulli, gen. II Bacciccio (1639-1709)
  • Taufe eines Kämmerers
  • Taufe einer Afrikanerin

Zwei Entwürfe für Mosaiklunetten in der Taufkapelle des Petersdoms, 1708;Öl auf Leinwand; Salzburg Museum, Sammlung Rossacher Inv.-Nr. RO 0365, 0366

Gaulli erhielt von Papst Clemens X. Altieri (1670-1676) den Auftrag zur Ausgestaltung des Vestibüls der Taufkapelle in St. Peter. Vorarbeiten und Entwürfe belegen Gaullis Beschäftigung mit dieser Aufgabe. Doch hinderte ihn der Freskoauftrag in Il Gesù, der insgesamt über zehn Jahre beanspruchte, an einer Realisierung. Erst Clemens XI. Albani (1700-1721) forderte 1708 die Präsentation der Entwürfe. Im Februar 1709 wurden die Gerüste aufgestellt, im April 1709 starb der Maler jedoch. Im September desselben Jahres wurde entschieden, dass der Auftrag neu vergeben werden sollte. Die Erben Gaullis erhielten eine Abschlagszahlung und die Entwürfe (Zeichnungen, Ölskizzen).

  • Unbekannter Künstler, Entwurf für ein Weihwasserbecken
    Ausführung unbekannt, um 1700; Holz vergoldet; Salzburg Museum, Sammlung Rossacher Inv.-Nr. RO 0507

Der locker gestaltete Aufbau, begleitet von reicher Dekoration wie den Strahlen, Rocaillen und Puttiköpfen, sind typisch für das römische „Barocchetto“, einem Spätstil des Barock. Der Entwurf könnte für eine Ausführung als Goldschmiedearbeit gewesen sein.

  • Gianlorenzo Bernini (1598-1680) oder Werkstatt, Entwurf für ein marmornes Weihwasserbecken: Maria Himmelfahrt
    Ausführung unbekannt, Mitte 17. Jhd.; Terracotta

Entgegen üblicher Darstellungsweisen wird Maria auf einer Wolkenbank sitzend und nicht stehend von Engeln emporgetragen. Ihre Armhaltung erinnert an eine Verkündigungsszene. Die Öffnung des Beckens gleicht einer Muschel, einem Symbol der jungfräulichen Maria.

  • Anton Raphael Mengs (1728-1779), Glorie des hl. Eusebius
    Entwurf für das Deckenfresko in Sant‘Eusebio, Rom, 1755; Öl auf Leinwand; Salzburg Museum, Sammlung Rossacher Inv.-Nr. RO 0058

Die Ölskizze ist ein besonders gutes Beispiel für den wilden, intuitiven Pinselstrich in einem Entwurfsprozess. Die Ausführung hingegen wirkt steif – sie ist eines der letzten Beispiele illusionistischer Deckenmalerei in Rom.

 

RAUM 4

  • Gianlorenzo Bernini (1598-1680), Umkreis, Betstuhl
    Holz, Spuren von Fassung, 2. H. 17. Jh.; Salzburg Museum, Sammlung Rossacher Inv.-Nr. 0709

Betstühle dieser Art standen in Kapellen römischer Palazzi, die manchmal wie Einsiedlerhöhlen gestaltet waren. Der Aufbau mit getürmten Steinen entspricht den konvexen Steinflächen im Sockel von Berninis Vierströmebrunnen auf der Piazza Navona in Rom.

  • Alessandro Algardi (1598-1654), Papst Leo der Große trifft Attila
    Modell nach einem Marmor-Relief in St. Peter, nach 1653; Terracotta; Salzburg Museum, Sammlung Rossacher Inv.-Nr. RO 0515

Dieses Relief ist die Wiederholung des Altarreliefs am Grab Papst Leos I. in St. Peter. Es zeigt die Begegnung des Papstes mit dem Hunnenkönig. Leo I. gelang es – mit Hilfe der hll. Petrus und Paulus im Himmel – Attila von einer Eroberung und Plünderung Roms abzubringen.

Alessandro Algardi erhielt seine erste Ausbildung u.a. bei Ludovico Carracci und bei dem Bildhauer Giulio Cesare Conventi. Er ging über Mantua und Venedig nach Rom (1625). Dank intensiven Antikenstudiums restaurierte er antike Statuen, war aber auch ein geschickter Elfenbeinschnitzer und Modelleur von Bronzeplastiken. Als Bernini bei Papst Innozenz X. Pamphilij in Ungnade gefallen war, nahm er dessen Stellung ein. Er wurde principe der Academia di San Luca, Leiter einer der bedeutendsten Bildhauerwerkstätten Roms. Vor allem seine Porträts sind herausragende Zeitdokumente. Er gilt neben Bernini als Hauptmeister der römischen Barockskulptur. Mehrmals versuchte der französische Hof ihn abzuwerben.

Das ausgeführte Relief steht auf dem Hochaltar der Kapelle Santa Maria della Colonna in St. Peter, Rom. Dies ist zugleich der Grabaltar Papst Leos I. (440-461). Schon mehrmals war überlegt worden, dieses Bildthema, das sich gegen falschen Glauben richtet, als Altarbild in Auftrag zu geben. 1646 erhielt Algardi diese Aufgabe zugesprochen. Das Werk sollte im Heiligen Jahr 1650 fertiggestellt sein. Das Relief bestand aus mehreren Marmorblöcken, Algardi bearbeitete es hauptsächlich mit seinem Assistenten Domenico Guidi. Es stellt den Höhepunkt von Algardis künstlerischem Schaffen dar.

  • Nachfolge Michelangelo Buonarroti (1475-1564), Bozzetto einer Pietà
    Terracotta; Salzburg Museum, Sammlung Rossacher Inv.-Nr. RO 0543

Pietà bedeutet Frömmigkeit und Mitleid. In der bildenden Kunst versteht man darunter immer die Darstellung der Schmerzensmutter mit dem Leichnam Christi in ihrem Schoß. Dieses Beispiel ist viel komplexer. Johannes umfängt Maria, die nach hinten sinkt. Christus wird von einer vierten Figur gestützt.

  • Mariano Rossi (1731-1807), Robert Guiscard und Graf Roger setzen Nikodemus wieder als Bischof von Palermo ein.
    Ölskizze für das Apsisfresko im Dom von Palermo, 1802; Öl auf Leinwand; Salzburg Museum, Sammlung Rossacher Inv.-Nr. RO 0332

Rossi gehört zu den begabtesten Skizzenmaler Roms im letzten Viertel des 18. Jahrhunderts. Doch die großformatige Ausführung dieses Entwurfs wurde getadelt. Das Fresko in Palermo schuf Rossi im Alter von 70 Jahren, er war bereits auf einem Auge erblindet.

  • Antonio Raggi (1624-1686), Umkreis, Anbetung der Hirten
    Modello für ein marmornes Altarrelief, Ausführung unbekannt, 2. H. 17. Jhd. Terracotta; Salzburg Museum, Sammlung Rossacher Inv.-Nr. 0512

Raggi war ein Meisterschüler Berninis. In seinen vielfigurigen Szenerien zeigt er eine Vorliebe für das malerische und erzählfreudige Relief. Seine Personen sind immer sehr emotional bewegt. Raggi arbeitete wie Gaulli für Sant’Agnese in Rom.